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Gesamter Geschäftsbericht 2013:
Auszüge des Geschäftsberichts 2013:
Die Aktie/Investor Relations/Aktiendaten
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Interview mit dem Vorstand
Know-how und Marktchancender NanoFocus AG waren noch niemals so wertvoll wie heute. Joachim SorgVorstand Administration, Finanzen und Controlling (CFO)
Die Nachfrage nach den automatisierbaren Messlösungen von NanoFocus wächst stark. Dipl.-Phys. Jürgen ValentinVorstand Technologie (CTO) und Vorstandssprecher
Wir wollen die bestehenden Grenzen der Messtechnik erweitern. Marcus GrigatVorstand Operations (COO)
Joachim Sorg: Auf Umsatzseite war es ein schwaches Jahr, keine Frage. Darüber sind wir alles andere als glücklich. Eine Ursache liegt darin, dass die Umsätze stichtagsbedingt sind. Unser wichtigster Geschäftsbereich ist mittlerweile getragen von großen Projektgeschäften für komplexe industrielle Messwerkzeuge. Bei einem Hightech-Spezialisten unserer Größe können Verzögerungen von ein oder zwei Großprojekten spürbar auf den Jahresumsatz durchschlagen. Genau das ist passiert. Hinzu kam eine vertriebliche Neupositionierung im Standardgeschäft. Dieser Bereich gestaltete sich für uns in den letzten beiden Geschäftsjahren schwierig. Doch wir sind mittlerweile gut in das neue Geschäftsjahr gestartet und man muss ganz klar sehen, dass die Lage nur dann bedenklich wäre, wenn neben dem Umsatz auch der Auftragseingang zurückgegangen wäre. Das ist aber keineswegs der Fall, im Gegenteil.
Jürgen Valentin: Neben dem Umsatz zählt für uns auch der Auftragseingang, vor allem in Bezug auf unsere Position am Markt. Und der Auftragseingang ist gegenüber dem Vorjahr spürbar gewachsen und wir sind mit vollen Auftragsbüchern ins neue Jahr gestartet. Hier liegen wir deutlich über dem Vorjahr. Insoweit muss man den stichtagsbedingten Umsatz von 2013 etwas relativieren, auch wenn wir natürlich, wie schon gesagt, damit nicht zufrieden waren. Wir müssen einfach auch mit einem gewissen Ballenrisiko leben. Wir verkaufen nicht eine Vielzahl kleiner Sensoren für 1.000 EUR, sondern wickeln Großaufträge bis zu mittlerweile einer halben Million EUR ab, bei denen Verschiebungen eine größere Wirkung auf Stichtage haben können.
Joachim Sorg: In Sachen Unternehmenssicherheit und Existenz sind wir durch den Auftragseingang operativ finanziert. Unsere Liquidität ist belastbar und stabilisiert. Hinzu kommt eine Verstärkung unseres Working Capital durch eine erfolgreiche Wandelanleihe, mit der wir die eingeschlagene strategische Fahrtrichtung weiter intensivieren werden. Die Schwerpunkte liegen unverändert beim volumenstarken Projektgeschäft und der Intensivierung des neu positionierten Standardvertriebs.
Jürgen Valentin: Das Geschäft mit Industrieunternehmen und Key Accounts läuft stabil. Unser langjähriger Kunde FTI platzierte bereits den ersten Großauftrag im neuen Jahr, was uns natürlich besonders freut. In anderen Bereichen konzipieren wir erfolgreich Großanlagen, zum Beispiel für die Halbleiterbranche. Hier haben wir Anfang 2014 die zweite große Anlage in der Produktionskontrolle ausgeliefert und weitere Großprojekte, auch mit längeren Laufzeiten, werden folgen. Im Automobilbereich ist das ähnlich: Neben den standardisierten, teilautomatisierten Lösungen, die schon sehr umfangreich sind, stehen hier auch Projekte an, bei denen es um vollautomatisierte Prozesse und Linienintegration geht.
Jürgen Valentin: Die Nachfrage nach automatisierten Highend-Prüflösungen wächst gerade im Halbleiterbereich und Automobilsektor stark. Die entsprechenden Lösungen treiben wir ja schon lange voran, unsere Technologieplattformen lassen sich auf ideale Weise automatisieren. Spürbar ist, dass immer mehr Branchen nach Vollautomaten für ihre Qualitätsprüfung Ausschau halten. Gerade bearbeiten wir zum Beispiel einen größeren Auftrag eines weltweit führenden Konzerns im Implantatbereich, da geht es um ein automatisiertes System für die Messung von Gelenkimplantaten. Das sind Bereiche, bei denen es früher eher um einzelne Laborgeräte ging, doch jetzt wird eine automatisierte Lösung mit entsprechender Produktionsintegration bestellt.
Jürgen Valentin: Eine Schwierigkeit in der Vergangenheit bestand darin, dass wir unseren technologischen Vorsprung und unsere Alleinstellungsmerkmale bei den Kompaktgeräten nicht ausreichend in den Markt gebracht hatten. Das haben wir leider auch am Umsatz gespürt. Hier wollen wir in diesem Jahr ein gutes Stück aufholen. Wir haben mit dem µsurf expert ein neues Gerät, das auf unsere Stärken fokussiert ist und Märkte adressiert, die für uns besonders interessant sind. Das µsurf expert ist ein extrem hochwertiges Standardsystem. In der kompakten Standardklasse ist es zurzeit das Beste, das Sie bekommen können. Sehr schnell, mit höchster Auflösung, voll automatisierbar und mit Schnittstellen zur Produktion.
Joachim Sorg: Das µsurf expert ist ganz klar ein Gerät für den sehr qualitätsbewussten Anwender, der mehr will als reine Mikroskopbilder aus seinem Labor. Man könnte das System fast als den großen Bruder des µsurf explorers bezeichnen, eine wichtige Portfolioergänzung im Hochpreissegment. Das unterstreicht unsere Strategie, auf Leistungsfähigkeit und und Investitionssicherheit zu setzen und nicht auf Sparlösungen, die in kurzer Zeit für die Unternehmen überholt sind.
Jürgen Valentin: Der Zielmarkt ist auf jeden Fall der industrielle Mittelstand. Zum einen ist das µsurf expert für Dauermessungen konzipiert, zum anderen verfügt es über Softwaremodule zur Automatisierung. Damit lässt es sich an Industrieumgebungen anpassen und ist dabei trotzdem standardisiert. Viele Hightech-Unternehmen im Mittelstand wollen mehr als einfache Labormikroskope, sondern hochwertige Messsysteme, die man auch für die Produktion anpassen kann. Das Gerät muss als exaktes Messmittel einsetzbar sein, es muss »komplett« sein, aber trotzdem anpassbar. Das µsurf expert ist unsere Antwort darauf: eine standardisierte Industrielösung.
Marcus Grigat: Die Frage nach der Vertriebsstrategie ist dabei für den Standardbereich sehr wichtig. Zunächst muss man verstehen, dass wir überwiegend Industriekunden haben. Wir sprechen selbst oft von Standardgeschäft und Industriekunden, aber seitens der Unternehmen gibt es diese Unterscheidung nicht wirklich. Der eigentliche Unterschied besteht zwischen einem 1:1-Geschäft und Key Accounts. Für die standardisierten Lösungen brauchen wir einen stärker positionierten Flächenvertrieb. Deshalb ist es aus meiner Sicht ein sehr wichtiger Schritt gewesen, diesen Flächenvertrieb 2013 deutlich auszubauen.
Joachim Sorg: Industriekunden sind oft auch kleinere Unternehmen, die nur 50 Mitarbeiter haben. Für das Auftragsvolumen können diese aber eine ähnliche Bedeutung für uns haben wie die großen Konzerne. Viele Technologieführer mit weltweiter Bedeutung sind vielleicht manchmal kleinere Unternehmen, als man denkt. Der Nutzen unserer Systeme ist für diese Unternehmen überproportional groß, weshalb hier im Einzelfall auch einmal mehr Geräte gekauft werden können als von manchem Großkonzern. Eine anspruchsvolle aber standardisierte Industrielösung hat gerade hier ein relevantes Umsatzpotenzial für NanoFocus.
Marcus Grigat: Deshalb haben wir den Flächenvertrieb massiv verstärkt. Hier waren wir personell unterbesetzt, das muss man einfach so zugeben. Aber wir sind in diesem Bereich gewachsen, mit einem neuen Vertriebsleiter und einer regionalen Abdeckung, die wir vorher so noch nie hatten. Es ist ein wichtiges Erfolgskriterium, dass man für diese Themen genug und ausreichend qualifizierte Mitarbeiter ins Feld schicken kann.
Joachim Sorg: Und auch das gehört letztlich zu den Erklärungen für die Umsatzentwicklung des letzten Jahres. Wir haben hier massiv investiert, in Mitarbeiter und in Produkte, und haben den Vertrieb systematisch aufgerüstet. Wir mussten eine wesentlich bessere Regionalstärke aufbauen, Vertriebsmitarbeiter einstellen und die neu definierte Vertriebsstrategie sozusagen auf die Straße bringen.
Jürgen Valentin: Auf jeden Fall. Die Zahl der Anfragen stieg seit Ende des letzten Jahres an. Anzahl der Besuche vor Ort, Demos, Vorführungen – all das geht steil nach oben. Es ist für jeden hier sichtbar, dass das wirklich gut funktioniert. Auch der Austausch mit den Kunden ist wesentlich besser geworden und umfasst die ganze mehrstufige Vertriebskommunikation. Damit sind wir bisher sehr zufrieden. Das Feedback der Kunden motiviert und wir können wirklich auf gute Erfolge in diesen Bereichen hoffen.
Marcus Grigat: Dieser Aspekt ist von großer Wichtigkeit für uns. Bei aller notwendigen Vertriebssteuerung und Wachstumsstrategie darf man nie vergessen, welch wichtige Grundlage Forschung und Entwicklung für uns sind. Wenn wir morgen noch vorne sein wollen, müssen wir heute die bestehenden Grenzen der Messtechnik erweitern. Auch 2013/2014 waren wir hier sehr aktiv. Hervorzuheben ist sicher das staatlich geförderte Projekt HICOS3D, bei dem wir federführend gemeinsam mit einem großen Halbleiterhersteller an der Entwicklung eines ultraschnellen Liniensensors für die Produktionskontrolle arbeiten. Der µsprint ist ja schon jetzt der schnellste konfokale Sensor der Welt. Im Rahmen dieses Entwicklungsprojekts werden wir ihn nochmals auf ein deutlich höheres Niveau bringen. Wir sind die schnellsten und wir werden noch schneller – bei höchster Genauigkeit.
Marcus Grigat: Marktrelevanz ist sogar der entscheidende Antrieb der Forschungen. Unser Ziel ist eine immer bessere Einbindung unserer Systeme in die Produktionskontrolle. Hier sind die wichtigsten Themen: Geschwindigkeit, Wiederholbarkeit, Genauigkeit und Automatisierbarkeit. Konkret für die Halbleiterindustrie soll HICOS3D das Problem lösen, dass die Kontakte auf Leiterplatten in den nächsten Jahren so winzig und dicht werden, dass andere herkömmliche Systeme hier nicht mehr in konkurrenzfähigen Geschwindigkeiten und Qualitäten messen können. Das Projekt bezieht sich also direkt auf eine aktuelle Anforderung der Industrie, die uns deshalb als Forschungspartner ins Boot holt.
Jürgen Valentin: Technologisches Niveau ist auch ganz klar ein nationaler Standortfaktor. Gerade höchstes Niveau an Präzision und Geschwindigkeit hält die kritischen Produktionsaspekte im Land. Der Standortfaktor eines Hightech-Umfeldes ist eben Hightech. Das ist unseren europäischen Kunden sehr bewusst.
Marcus Grigat: Das gilt auch für die Themen, die hinter einem zweiten Forschungsvorhaben von uns stehen: Cosyra. Zusammen mit der Universität Duisburg-Essen arbeiten wir an standardisierten Schnittstellen im Roboterbereich. Roboterbasierte hochpräzise Oberflächenmessung von generativen Bauteilen, Sie können auch 3D-Printer sagen. Auch in diesem Projekt stecken sehr relevante Zukunftstrends, mit denen wir uns beschäftigen. Das ist keine Forschung zum Selbstzweck, hier geht es um große Märkte und Zukunftsantworten von NanoFocus.
Jürgen Valentin: Ein weiterer Zukunftstrend ist ja schon lange wirksam, eigentlich ist es längst ein Gegenwartstrend: Ressourcenschonung, Effizienz und CO2-Emmisionen. Diese Themen werden nicht mehr verschwinden und gerade für die Automobilindustrie sind sie letztlich existenzrelevant. Unser µsurf cylinder wird deshalb von den Automobilherstellern als wichtiger Baustein, als Prozesswerkzeug für die Entwicklung energieeffizienter Motoren verstanden. Wir habe gerade erst in den USA gemerkt, wie groß auch dort das Interesse der Hersteller an unseren Lösungen ist.
Jürgen Valentin: Das hat uns natürlich gefreut. Ich sehe es auch als ein politisches Signal, denn trotz aller Internationalität und Ausrichtung auf weltweit operierende Konzerne sind wir natürlich unserem Standort Ruhrgebiet verbunden. Deshalb ist es für uns eine Ehre, in einem Atemzug mit dem Land NRW genannt zu werden. Wir konnten uns an diesem Standort immer gut entfalten. Man kann wirklich nicht sagen, dass hier zu wenig getan wird. Die Politik sucht das Gespräch und macht auch im Land einiges möglich. Ich denke generell, dass eine gewisse Vernetzung wichtig ist. Deshalb engagieren wir uns zum Beispiel auch seit diesem Jahr im Lenkungskreis Photonik des VDMA. Ein wichtiges Vorhaben ist hier, mehr Aufmerksamkeit bei Investoren für die Themen Photonik und Optische Technologien zu erzeugen.
Joachim Sorg: Neben den technologischen Entwicklungen haben wir Zug um Zug investiert und eine wirklich gute Unternehmensstruktur aufgebaut. Bei einem Hochtechnologie-Unternehmen gibt es allerdings lange Etablierungsphasen. Jetzt sind wir an dem Punkt, wo die Schwerpunkte sich verschieben und die wirtschaftliche Verwertung der Technologie zum Schwerpunkt wird. Aber das werden wir erfolgreich umsetzen, da bin ich zuversichtlich. Schaue ich unser Know-how an, unsere Systeme, unsere Patente und Kundenbeziehungen und nicht zuletzt unsere hervorragende Mannschaft, dann sehe ich, dass das Unternehmen nie so wertvoll war wie heute. Wir haben ein international schlagkräftiges und wettbewerbsfähiges Hochtechnologieunternehmen aufgebaut. Nun gilt es, die Früchte zu ernten.
Jürgen Valentin: Das stimmt. Manchmal bin ich regelrecht erstaunt, welche Werte wir in den letzten Jahren hier geschaffen haben. Hier ist wirklich etwas herangewachsen, es sind zahlreiche neue Kollegen hinzugekommen, neue Ideen, neue Produkte – im Moment spüre ich eine große innere Wachstumskraft. Wir haben den zeitlichen Rahmen einer Markterschließung am Anfang unterschätzt, aber wir haben uns fortlaufend weiter professionalisiert und organisiert und auf den Ausbau der Produktleistungsfähigkeiten konzentriert. Wir stehen heute für eine ganze Menge wirklich ausgezeichneter Technologien, deren Wert den Umfang unserer Investitionen bei Weitem übersteigt. Jetzt gilt es, diese Werte nachhaltig und stärker in den Markt zu bringen und unser Geschäft damit wirtschaftlich weiter zu stabilisieren.
Marcus Grigat: Das kann ich genauso unterstreichen. Technologisch sind wir oft Pioniere und waren in der Umsetzung in vielen Fällen die ersten. Wir haben das erste Konfokalmikroskop gebaut, das wirklich technische Oberflächen auch in der Industrieumgebung messen konnte. Wir sind technologisch immer sehr weit vorne, erkennen Trends und haben diese erfolgreich umgesetzt. Wir haben Kunden, die seit fast 20 Jahren mit unseren Systemen arbeiten und unverändert begeistert sind von unserer Leistungsfähigkeit. Wir haben eine gute Grundlage für nachhaltiges und profitables Wachstum gelegt. Wir haben heute eine perfekte technologisch Basis, hervorragende Produkte, etablierte Kundenbeziehungen und sind in relevanten Märkten bekannt und präsent. Das ist eine starke Unternehmensbasis.