Gesamter Geschäftsbericht 2016:
Auszüge des Geschäftsberichts 2016:
Die Aktie/Investor Relations/Aktiendaten
Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung
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Interview mit dem Vorstand
Joachim Sorg: Die Ursachen lagen vor allem im Bereich der Großanlagen im Industriegeschäft. Hier sind die von den Kunden in Aussicht gestellten Aufträge nicht gekommen. Nach Auslieferung erfolgreicher Testanlagen beruhte unsere Planung vom Jahresbeginn unter anderem auf erwarteten Folgeaufträgen aus der Halbleiter- und Automobilindustrie. Diese Projekte wurden seitens der Kunden pausiert bzw. verschoben. Leider ging es hier um Aufträge mit relevantem Volumen. Ein oder zwei Großkunden können einen Umsatzausfall von ein bis zwei Mio. Euro verursachen. Bereits zum Halbjahr haben wir deshalb unsere Planungen erstmals nach unten korrigiert.
Marcus Grigat: Unsere Umsatzplanungen für 2016 waren absolut realistisch. Im Halbleiterbereich hatten wir die Aufträge eigentlich sicher. Die technischen Anforderungen waren erfüllt und es gab klare Signale seitens der Kunden. Allein die Verschiebung dieser Investition verursachte eine Planabweichung von 1,5 Mio. Euro. Die Verkaufschancen sind aktuell immer noch vorhanden, nur die Verzögerung war nicht vorherzusehen. Ähnlich war es im Automobilbereich. In der Automobilbranche werden aufgrund der Aufarbeitung der Abgasaffäre die internen Strategien geprüft und größere Investitionen teilweise verschoben. Unsere Projekte haben technologisch mit diesen Themen nichts zu tun, dennoch bekommen wir die Zurückhaltung zu spüren. Der Abgas-Skandal hat der NanoFocus AG wirtschaftlich geschadet, das muss man ganz klar sagen.
Joachim Sorg: Die Fehlkosten, die diese Projekte verursachten, entstanden vor allem durch die erheblichen Vorleistungen, die wir als Technologieentwickler erbringen müssen. Komplexe, technisch anspruchsvolle Industrieprojekte bedingen bereits im Vorfeld hohe Fixkosten. Wir müssen Personal in diesen Projekten binden und F&E-Leistungen aufwenden. Nur durch diese Investitionen werden diese Aufträge überhaupt erst möglich. Unsere Planungen beruhen deshalb auf gemeinsamen Roadmaps und den Aussagen unserer Großkunden. Bei zeitlichen Verzögerungen wirken sich die Fixkosten zum Abschluss des Geschäftsjahres negativ aus. 2016 fiel diese Abweichung aus den genannten Gründen besonders hoch aus.
Marcus Grigat: In unseren Kernbereichen lagen wir weitgehend im Plan. Standardgeschäft und OEM sind stabil. Das wird angesichts des schlechten Gesamtergebnisses leicht übersehen. Ein leichtes Umsatzplus im Vergleich zu 2015 konnte auch der Bereich Automotive verzeichnen, allerdings lag dies weit unter unseren Erwartungen und Planungen. Unser Servicegeschäft weist in allen Segmenten einen unverändert hohen und gleichmäßigen Auftragseingang aus. Man sieht also, dass die Kernbereiche der NanoFocus AG gesund sind. Sie bilden unsere Umsatzbasis. Die Probleme lagen 2016 tatsächlich ausschließlich bei den Industrieprojekten aufgrund der aufgelaufenen Fixkosten.
Joachim Sorg: Breitmeier blieb trotz restriktiver Liquidität nur leicht hinter den Umsatzerwartungen zurück. Entscheidend ist aber, dass wir mit unserer neuen Tochter wie geplant ein positives Ergebnis erzielt haben. Das ist mehr, als wir mit der AG erreichen konnten. Für die Zukunft ist es wichtig, das Working Capital für Breitmeier zu erhöhen. Dort sind die Lieferzeiten oft kurz und es muss im Produktionsablauf in Vorleistung Ware bestellt werden. Hier ist ein in Aussicht stehendes Bankdarlehen aufgrund der schlechten AG-Performance 2016 noch nicht zustande gekommen. Eine alternative Finanzierung wird aber zurzeit realisiert. Insgesamt sind wir mit Breitmeier zufrieden. Gerade für den Automobilbereich wird unsere Tochter noch überproportional an Bedeutung gewinnen.
Marcus Grigat: Durchaus positiv, auch im Vergleich zum Jahresbeginn 2016. Wir starteten mit einem Auftragseingang von 2,6 Mio. Euro. Das ist deutlich höher als im Vorjahr, da waren es nur 900.000 Euro. Auch in den Business Units, die im letzten Jahr schwach abschlossen, haben wir bereits positive Signale. Im Automotivebereich erhielten wir einen Auftrag von VW in Mexiko über ein Zylinderinspektionssystem. Die Halbleiterbranche bestellte zwei Systeme für den Einsatz in der Batterieforschung. Trotzdem bleiben wir vorsichtig. Der sehr schwache Auftragseingang zum Halbjahr 2016 zwang uns zu deutlichen Konsequenzen.
Auch für 2017 wird sich einiges ändern. Eine Schieflage wie im letzten Jahr darf sich nicht wiederholen. Das ist unser vorrangiges Ziel.
Joachim Sorg: Bereits 2016 haben wir mit einem umfangreichen Kosteneinsparungsprogramm begonnen. Die wirksamste Sofortmaßnahme war natürlich Kurzarbeit und leider auch Personalabbau. Auch der Vorstand verzichtete auf einen Teil seiner Bezüge. Dies waren zwingend erforderliche Maßnahmen, das muss man ganz klar so sehen. Die Kurzarbeit wurde im März 2017 beendet, aber die internen Umstrukturierungen werden erst im Laufe dieses Jahres abgeschlossen sein. Entscheidend für uns sind die strategischen Anpassungen, die in die Zukunft wirken. Wir haben aus den Erfahrungen gelernt und wir werden uns darauf einstellen, dass das Industriegeschäft großen Schwankungen unterworfen ist. Grundlage hierfür ist zukünftig eine deutlich risikoreduziert ausgerichtete Kostenstruktur.
Joachim Sorg: Die Stichpunkte sind Verschlankung, Fokussierung und Vertriebsstärkung. Den Automobilbereich werden wir zunehmend in unserer Tochter Breitmeier Messtechnik bündeln. Breitmeier verfügt über einen exzellenten Marktzugang in der Automobilbranche. Durch die NanoFocus-Technologie ist es hier möglich, ein sehr umfangreiches Produktspektrum anzubieten, von taktilen bis hin zu optischen Systemen, die bereits erfolgreich für die Automobilbranche entwickelt wurden.
Ein wichtiger Punkt ist die Reduzierung unserer weit gestreuten F&E-Aufwendungen. Unsere F&E-Quote lag aufgrund der Industrieprojekte in der Vergangenheit oft bei bis zu 25 Prozent. Diese Vorleistungen sind für uns nicht mehr tragbar und sie sind in diesem Umfang auch nicht mehr notwendig.
Wichtige Entwicklungsprojekte, wie der ultraschnelle Sensor HiCOS3D, wurden mittlerweile erfolgreich abgeschlossen. Die technologischen Benchmarks sind erreicht, unsere Systeme sind marktreif. Deshalb werden wir auch vorerst keine neuen, kostenintensiven Förderprojekte starten. Die F&E-Investitionen waren für die NanoFocus AG notwendig, doch nun können wir auf ein innovatives Normalmaß zurückgehen. Wir streben eine F&E-Quote von etwa 15 Prozent an, ein solider Wert für ein High-Tech-Unternehmen. Unser entscheidendes Augenmerk gilt nun dem weiteren Ausbau des Vertriebs.
Insgesamt wird die Kostenstruktur der NanoFocus AG um fast 2 Mio. Euro reduziert. Diese wirtschaftliche Entlastung bedingt, dass unser Projektgeschäft nicht mehr zwingend in den Umsatzplanungen berücksichtigt werden muss. Die NanoFocus AG kann zukünftig flexibler und unternehmerischer agieren.
Unser Innovationsgeschäft, das im Wesentlichen durch Technologiekooperationen und agiles Projektmanagement gekennzeichnet ist, werden wir zu unserer Tochter NanoFocus Materialtechnik GmbH verlagern. Die NanoFocus Materialtechnik GmbH wird diese perspektivisch für uns nach wie vor äußerst wichtigen Projekte wirtschaftlich eigenverantwortlich verfolgen – auf einem schlankeren und flexibleren Niveau. Für die Umsatzplanung der AG werden diese Projekte keine Rolle mehr spielen. Wir planen konservativ mit unseren Kernbereichen.
Marcus Grigat: Die NanoFocus AG wird sich konsequent auf die Kernbereiche Standard/Labor, OEM und Service konzentrieren. Weiter soll der Bereich Automotive in der Breitmeier Messtechnik GmbH vertriebsorientiert gebündelt werden. Im Bereich Halbleiter setzen wir den Schwerpunkt auf die Vermarktung der neuen ultraschnellen Sensortechnologie. Vor allem geht es also um den weiteren Ausbau des Vertriebs und die Vermarktung der neu entwickelten Produkte.
2017 führen wir mit dem Standardsystem µsurf explorer eine neue, leistungsstärkere Sensorgeneration in den Markt ein. Zusammen mit unserem Premiumgerät für den Laborbereich, µsurf expert, bieten wir für die produktionsnahe Qualitätskontrolle und Entwicklung die technologisch besten Geräte an.
Insgesamt steht 2017 für uns unter dem Motto der Konsolidierung. Interne Personalveränderungen und Prozessoptimierungen werden uns deshalb auch noch im Laufe des Jahres begleiten. Gerade in den letzten beiden Jahren waren viele Mitarbeiter in Großprojekten und geförderten Projekten gebunden. Unsere Entwicklungsabteilung kann nun stärker in den Vertrieb integriert werden. Spezifische Anpassungen und Entwicklungsleistungen werden zukünftig nur bei erfolgtem Kundenauftrag durchgeführt.
Zusammenfassend kann man also sagen: Verschlankung der internen Personalstruktur, Ausgliederung und Fokussierung der langfristigen Technologiepartnerschaften in Unternehmenstöchter, Reduktion der F&E-Quote und Konzentration auf das Kerngeschäft und den Vertrieb. Das ist die Richtung für die kommenden Jahre.
Joachim Sorg: Was wir anstreben, ist eine Effizienzsteigerung bei gleichzeitiger Einsparung. Das sind im Grunde zwei parallele Ansätze. Zum einen werden wir betriebswirtschaftlich deutlich konservativer agieren und planen. Wir werden die Gesamtleistung des Unternehmens nicht mehr durch riskante Vorleistungen belasten. Das hat uns 2016 gelehrt. Zum anderen wollen wir die Effizienz grundsätzlich intern und auf allen Ebenen steigern. Ein Teil dieser Effizienzsteigerung besteht in einer Umorganisation.
Jürgen Valentin: Das ist eine logische und sinnvolle Maßnahme, aus verschiedenen Gründen. Zum einen ist ein dreiköpfiger Vorstand bei einem Unternehmen mit rund 10 Mio. Euro Jahresumsatz in der momentanen Unternehmensphase nicht unbedingt notwendig. Hier möchte ich ganz bewusst meinen persönlichen Beitrag zur Effizienzsteigerung und Verschlankung leisten.
Der entscheidende Punkt liegt jedoch in der Fokussierung. Für die Zukunft der NanoFocus ist eine Ausrichtung auf das operativ äußerst lukrative Industriegeschäft unverändert wichtig. Wir haben hier technologisch bereits Großes erreicht und verfügen über einen hervorragenden Ruf. Es ist wichtig, diese Perspektiven weiterzuentwickeln, denn die Zukunft der Messtechnik im Nanometerbereich liegt in der industriellen Qualitätssicherung. Das ist unbestritten.
Wir mussten jedoch lernen, dass die entsprechenden Projektzeiträume und Vorleistungen ein hohes Risiko für die NanoFocus AG darstellen. Eine Bündelung solcher Projekte in einer Tochtergesellschaft ist deshalb der richtige Weg. So ein Vorgehen ist ja auch durchaus nicht ungewöhnlich.
Jürgen Valentin: Als Geschäftsführer der NanoFocus Materialtechnik GmbH kann ich mich noch besser und konzentrierter als bisher um diese Themen kümmern. In der Vergangenheit ist es uns oft nicht gelungen, mit der nötigen Flexibilität und Schnelligkeit auf die Anforderungen der Industrieentwicklung zu reagieren. Es ist das Ziel, unser Know-how besser zu vermarkten. Wir verfügen über eine Menge Innovationen, die extrem interessant sind für eine ganze Reihe von Branchen und Unternehmen, allen voran in der Medizintechnik und im Photonikbereich.
Es geht hier also nicht vorrangig um weitere Technologieentwicklung, es geht um die bessere Erschließung von margenstarken Märkten. Es geht darum, das Potenzial der NanoFocus in diesen Bereichen effizienter und schneller umzusetzen. Ich möchte die NanoFocus Materialtechnik GmbH zu einer operativen und profitablen Unternehmenstochter machen, mit einem positiven Umsatzbeitrag für das Gesamtunternehmen.
Joachim Sorg: Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Unser Hauptziel ist profitables Wachstum. Wir nutzen die Chancen, aber wir entziehen dem Unternehmen nicht weiter Liquidität. Unsere Töchter sollen und werden profitabel sein. Die industriellen Technologieprojekte kann man in dieser konzentrierten Form besser voranbringen. Die Restrukturierung der NanoFocus AG war und ist nach dem letzten Geschäftsjahr vordringlich. Es war uns aber wichtig, dafür nicht unsere ausgezeichneten Marktchancen im Industriegeschäft zu gefährden oder gar aufzugeben. Das wäre nicht sinnvoll. Darüber hinaus steht Jürgen Valentin dem Gesamtunternehmen unverändert mit seiner Kompetenz und seiner Marktkenntnis zur Verfügung. Durch unsere Maßnahmen ist es möglich, unsere Konsolidierung zu verwirklichen und zugleich die Technologieführerschaft der NanoFocus AG auch jenseits des Standardgeschäfts zu behaupten.
Marcus Grigat: Man darf nicht vergessen, dass im Laufe der Jahre etwa 15 Mio. Euro in die Entwicklung unserer Technologie geflossen sind. Unsere Branchenlösungen sind weltweit einmalig und stellen einen hohen Unternehmenswert an Know-how und Anwendungswissen dar. In diesem Wissen stecken erhebliche Umsatzchancen.
Jürgen Valentin: Dafür gibt es wirklich zahlreiche Gründe, die uns auch immer wieder von unseren Kunden und Partnern bestätigt werden. Wir bieten ausgereifte Messtechnologie und nicht einfach nur Mikroskope, mit denen sich Oberflächen begutachten lassen. Unsere Systeme liefern präzise digitale Daten, mit denen Produktionskennwerte auch im Nanometerbereich kontinuierlich geprüft und eingehalten werden können. NanoFocus verfügt über ein großes Spektrum spezialisierter Analyse-Software für verschiedene Anwendungsszenarien. Hier haben wir einen Vorsprung. Wir liefern sowohl die Hardware als auch das Applikationswissen.
Es ist ja nicht einfach entscheidend, wie gut ein System im Nanometerbereich misst. Entscheidend ist, wie ich diese Ergebnisse konkret in meine Produktion einbinden kann. Um welche Kennwerte geht es und was muss ich wie messen, um meine Produktion fehlerfrei zu halten? Diese Fragen können wir beantworten. Unsere Systeme ermöglichen Messtechnik für die digitale Produktion der Generation 4.0. Wir bieten mehr als nur hochpräzise Messtechnik, wir bieten die Antwort auf die Frage, wie man diese Technik in verschiedenen Branchen gewinnbringend einsetzt. Unsere Branchenlösungen haben einen nachweisbaren unternehmerischen Nutzen für unsere Kunden.